Schluss mit Aufschieberitis – So begünstigen Sie die Entscheidung
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Ich bin fest davon überzeugt, dass meine Dienstleistung für etwa 99,9% meiner Zielgruppe nennenswerten Erfolg und einen positiven Return on Investment bringen würde. Das bedeutet, dass fast alle Unternehmen, die in meine Dienstleistung investieren, in kürzester Zeit messbar bessere Ergebnisse erreichen können. Außerdem fällt die Investition im Vergleich zum späteren Erfolg äußerst gering aus – selten schlechter als 1 zu 10. Für 1000 investierte Euro entstehen also in weniger als 12 Monaten 10.000 oder mehr Euro als Ertrag. Es würde sich also lohnen, meine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Der Nutzen ist da. Die Investition würde sich amortisieren. Trotzdem entscheiden sich weit weniger als 99,9% der Entscheider meiner Kernzielgruppe, mich zu engagieren.
Jetzt mal abgesehen davon, dass ich diesen Ansturm gar nicht bearbeiten könnte, stellt sich die Frage, warum es bei diesem in Aussicht gestellten Gewinn nicht in allen Fällen zu einem Auftrag kommt. 99,9% würden profitieren. Dennoch kaufen deutlich weniger.
Die Antwort ist aus meiner Sicht klar: Entweder gibt es keinen Handlungsdruck oder die in Aussicht gestellte Lösung erscheint nicht glaubwürdig und lohnenswert. Es gibt also zwei Hinderungsgründe, die Investitionsentscheidungen verhindern oder zumindest aufschieben. Fehlender Schmerz und fehlender Nutzenwunsch. Konzentrieren wir uns zunächst auf den Schmerz.
Mir tut nichts weh. Warum sollte ich aufhören zu rauchen?
Bestimmt können wir uns darauf einigen, dass Rauchen problematisch für die Gesundheit ist. Es dürfte wohl kaum noch Menschen in der zivilisierten Welt geben, die gegenteiliger Meinung sind. Das Problem „Gesundheitsgefährdung durch Rauchen“ ist also eine akzeptierte Tatsache. Dennoch gibt es Raucher, die dieses Problem nach wie vor akzeptieren und rauchen.
Mögliche Begründungen für dieses Verhalten gibt es viele. „Mich betrifft das nicht“, „Meine Oma ist 95 geworden und hat geraucht“ oder „In meiner Familie gibt es genetisch keine Krebserkrankungen“. Sie kennen sicher noch andere dieser Aussagen. Und wenn Sie selbst einmal abhängig von Zigaretten waren, dann kennen Sie auch den Prozess, den man durchlebt, wenn man zum Nichtraucher wird.
Anfangs denkt man: „Wäre gut, wenn ich nicht mehr rauchen würde…“. Dann steigert sich das Gedankenspiel vielleicht zu „Mann! Ich muss endlich aufhören,“ bis dann irgendwann kommt: „So! Jetzt höre ich aber auf. Das war meine letzte Zigarette“. Häufig ist der Status „Ex-Raucher“ dann aber trotzdem nur für ein paar Tage oder Wochen gültig.
Vielleicht kennen Sie das Buch „Endlich Nichtraucher“ von Allen Carr. Damit habe ich vor vielen Jahren das Rauchen beendet. Wenn Sie das Buch kennen, dann wissen Sie, dass der Autor eine zunächst seltsam anmutende Forderung in Text immer wieder betont: „Hören Sie bitte nicht auf zu rauchen, bevor Sie das Ende des Buches erreicht haben.“ Wie bitte? Warum denn nicht? Na ja, wenn Sie während des Lesens das Rauchen aufgeben würden, dann würden Sie wohl kaum das Buch zu Ende lesen, oder? Und wenn Sie nicht sämtliche Auswirkungen des Rauchens und Verheißungen des Nichtrauchens aus dem Buch mitbekommen, dann ist es mehr als wahrscheinlich, dass Ihr Entschluss nicht fest genug ist und Sie rückfällig werden.
Auswirkung und Nutzenverheißung – Die Motoren einer Entscheidung
Aber jetzt zum Schmerz bei Investitionsentscheidungen. Sie kennen das von eigenen Entscheidungen. Auch wenn Ihnen das Problem bewusst ist, werden Sie nur dann aktiv, wenn Sie Schmerz verspüren oder befürchten. Es ist schon immer verboten gewesen, während der Autofahrt als Fahrer mit dem Handy zu telefonieren. Allerdings wirkt dieses Verbot erst, seit es kräftige Strafen bei Verstößen gibt.
Das ist ebenso bei Investitionen. Nur wenn Sie im Gespräch mit dem Entscheider den Schmerz herausgearbeitet haben, können Sie auch eine Entscheidung erwarten. Es gibt immer Gründe, trotz eines offensichtlichen Problems keine Schritte zur Lösung zu ergreifen. Das hat das Beispiel mit dem Rauchen sicher gezeigt. Ihre Aufgabe als professioneller Verkäufer ist es also, die möglichen Beweggründe aus der Perspektive des Entscheiders zu verstehen. Wenn er keine „Schmerzen“ verspürt, ist es mehr als wahrscheinlich, dass er die Investition auf die lange Bank schiebt. Nichts begünstigt eine schnelle Entscheidung.
Auf den ersten Blick ist es nicht verständlich, warum Entscheider bei einem offensichtlichen Problem nicht handeln, sondern die Entscheidung aufschieben. Allerdings wird bei genauerer Betrachtung klar, dass es unterschiedliche Schmerzempfindungen gibt. Nehmen wir nochmals das Rauchen als Anschauungsobjekt. Die meisten Menschen – sogar die meisten Raucher – dürften zugeben, dass Rauchen gesundheitsgefährdend ist. Dennoch gibt es Menschen, die diese Auswirkungen akzeptieren oder zumindest ertragen, ohne etwas zu ändern. Ehemalige Raucher kennen die Entwicklung der Entscheidung, das Rauchen aufzugeben: Nach und nach sammeln sich Erlebnisse und Empfindungen, die unangenehm oder gar schmerzlich sind. Erst wenn die Auswirkungen des Rauchens unerträglich werden, fasst man den Entschluss, den Preis der Entwöhnung zu bezahlen und die ersten Tage des Nichtrauchens zu ertragen, um den größeren Schmerz des Rauchens hinter sich zu lassen.
Das klappt besonders gut, wenn neben dem Handlungsdruck, das Rauchen aufzugeben, auch noch eine zweite Komponente den Entschluss antreibt: Die Verheißung eines besseren Lebens ohne Zigaretten. Wenn zusätzlich zu der „Von-Weg-Motivation“ auch noch eine „Hin-Zu-Motivation“ besteht, dann sind Entscheidungen wirklich gefestigt.
Eine Erkältung kann man nicht heilen!
Meine Oma sagte immer: „Wenn du erkältet bist und zum Arzt gehst, dauert es 14 Tage. Wenn nicht, dauert es zwei Wochen.“ Für meine Oma war also klar, dass es für eine Erkältung keine Lösung gibt. Egal, wie groß der Bedarf ist. Unerheblich, wie sehr man eine Lösung will. Wenn also die Erwartung einer möglichen Lösung fehlt, gibt es keinen Bedarf. Und zwar selbst dann, wenn das Problem schmerzhaft ist.
Diese sehr plastische Darstellung ist vielleicht auf den ersten Blick weit weg von den typischen Problemen des B2B oder Geschäftskunden-Vertriebs. Auf den zweiten Blick wird jedoch schnell klar, dass genau die fehlende Nutzenerwartung ein typischer Umsatzverhinderer ist. Wenn der Kunde nicht an eine Lösung glaubt, warum sollte er dann investieren?
Latenter Bedarf ist nicht ausreichend. Ganz sicher nicht bei Investitionen. Latenter Bedarf ist Konjunktiv. Es reicht nicht, wenn 99,9% der Kunden von meiner Leistung profitieren KÖNNTEN. Konkreter Bedarf setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: „Von-weg-Motivation“ und „Hin-zu-Motivation“. Er besteht also aus dem Antrieb, ein Problem abzustellen, UND dem Drang hin zu einer neuen Situation, die besser und freudvoller erscheint. Wenn wirklich beide Faktoren zusammenpassen, dann ist die Investition wahrscheinlich.
Wir brauchen diesen starken Entschluss des Kunden vor allem dann, wenn wir Ideen, Projekte und Konzepte verkaufen, deren Ergebnis für den Kunden ungewiss ist. Ich will damit nicht unterstellen, dass Ihre Leistung tatsächlich zweifelhaft oder von schlechter Qualität ist. Nur ist aus Sicht des Kunden eben nicht zu 100% sicher, dass es klappen wird.
Jede Investition ist ein Wagnis. Wer kann schon vorher garantieren, dass es klappt? Wenn Sie ein garantiertes Ergebnis suchen, dann bleibt nur das Sparbuch. Wir alle wissen aber, dass sich die Investition hier kaum auszahlt. Lassen Sie uns also festhalten: Wenn wir eine lohnende Investition erwarten, ist ein gewisses Risiko damit verbunden. Entscheider sind keine Desperados, die ein überhöhtes Risiko eingehen. Sie wissen, dass es schiefgehen kann und suchen Möglichkeiten, die erreichbar erscheinen.
Wenn wir den Entscheidungsdruck des schmerzhaften Problems und die Zugkraft der lohnenden Zukunft kombinieren, dann haben wir viel erreicht. Wenn es uns zusätzlich gelingt, das Risiko zu begrenzen, erleichtert das die Entscheidung erheblich. In der nächsten Ausgabe werden wir der Frage nach dem Risiko-Gefühl auf den Grund gehen und untersuchen, wie man Zuversicht erzeugen und übervorsichtigen Menschen dabei helfen kann, das Risiko von Entscheidungen realistisch einzuschätzen.
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